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Qualitätsmanagement, ein Stiefkind?

Qualitätsmanagement ist oft eine übersehene Komponente. In der Regel basiert es auf einem Gemisch unausgesprochener Regeln.

  • Die Entwickler prüfen und testen und verlassen sich auf den Projektleiter.
  • Der Projektleiter testet nur kurz und vertraut auf die Entwickler und den Auftraggeber.
  • Der Auftraggeber wiederum verlässt sich auf den Projektleiter.

Diese informellen Prozesse funktionieren oft bei kleineren Projekten. Doch bei größeren oder komplexeren Projekten stoßen sie schnell an ihre Grenzen. Alle Beteiligten sind tief in das Projekt involviert und konzentrieren sich primär auf die Umsetzung. Dadurch werden Lösungen oft isoliert voneinander betrachtet. Eine umfassende Qualitätskontrolle erfolgt meist erst kurz vor der Freigabe, und selbst mittelmäßige Lösungen werden akzeptiert.

Dieser Ansatz führt letztlich zu Verzögerungen, ungeplanten Kosten und Unzufriedenheit sowohl auf Seiten des Auftraggebers als auch des Auftragnehmers.

Organisation des Qualitätsmanagement

Die Idee, „alles zu testen“, klingt gut, ist aber oft nicht zielführend. Ein solches Vorgehen bedeutet eine enorme Arbeitslast, die zwar die Qualität verbessert, aber einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt.

Der Umfang des Qualitätsmanagements sollte zu Beginn eines Projekts klar definiert werden:

  • Was sind die Kernfunktionen des Projekts?
  • Gibt es erweiterte funktionale, inhaltliche oder technische Anforderungen?
  • Wann und wie wird getestet?

Diese Fragen helfen, den Umfang abzuschätzen und ein realistisches Zeitkontingent zu definieren. Alle Beteiligten sind dennoch verpflichtet, ihre Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Ein erfolgreiches Projekt gelingt nur durch Zusammenarbeit.

Was sind die Kernfunktionen des Projekts?

Bei einem Shopsystem sind beispielsweise der Warenkorb und der Bestellvorgang zentrale Komponenten, ebenso wie die Interaktionen mit den Nutzern. Bei der Verwendung eines etablierten Systems wie Shopware gelten diese Standardfunktionen meist als fehlerfrei. Werden jedoch individuelle Anpassungen vorgenommen, sollten diese sorgfältig getestet werden, da Fehler hohe wirtschaftliche Folgekosten verursachen können.

Gibt es erweiterte Anforderungen?

  1. Performance: Ist die Geschwindigkeit der Seite bzw. Anwendung angemessen? Ist die Serverstruktur hinsichtlich Kosten und Nutzen optimal?
  2. Qualität des Quellcodes: Sind die Ladezeiten der Assets akzeptabel?
  3. Zugänglichkeit: Werden Barrierefreiheit und Internationalität berücksichtigt? Wird eine einfache Sprache verwendet?
  4. Schnittstellen: Sind Datenimport und -export sowie die Anbindung an andere Systeme reibungslos?

Wann und wie wird getestet?

Tests sollten so früh wie möglich durchgeführt werden sobald eine Komponente abgeschlossen und erste Inhalte verfügbar sind. Denn einmal freigegebene Fehler lassen sich später schwer korrigieren.

Dabei sind folgende Aspekte entscheidend:

  • Wurde das Design gemäß den Vorgaben umgesetzt? Sind alle Seitentypen und Inhaltselemente im Styleguide definiert und freigegeben?
  • Komponenten und Abläufe werden gründlich getestet, während Inhalte nur stichprobenartig überprüft werden.
  • Wurden Zielgruppen frühzeitig in den Testprozess eingebunden?

Fazit: Ohne eine klare Spezifikation des Qualitätsmanagements besteht die Gefahr, dass es zu einem Selbstzweck wird, den Projektverlauf verlangsamt und die Kosten in die Höhe treibt.

Bernd Göbel, 10/2024